Dichtung oder Wahrheit? Jahrgang 10 auf Goethes Spuren am
14.07.2011


 

Wie war es denn nun wirklich? Zwei Filme über Goethes „Werther“ und über  sein Leben enthalten so unterschiedliche Informationen, dass der Besuch des Goethehauses in Frankfurt mit seinen kompetenten Besucherführungen uns Aufklärung bieten sollte. 

Während die Schüler/innen des Chemie LKs sich mit kriminaltechnischen Untersuchungen beschäftigen wollten, erfuhren die anderen Schüler/innen des Jahrgangs 10, dass Goethes Großmutter den neu geborenen Enkel zwei Stunden lang mit einer Weinmassage ins Leben beförderte und dass dieser Beinahe-Tod ungezählten Kindern das Leben rettete, weil der Großvater und zugleich Oberbürgermeister fortan für eine qualifizierte Ausbildung der Hebammen sorgte.

Aus ursprünglich zwei mittelalterlichen Fachwerkhäusern ließ Goethes wohlhabender Vater ein barockes Haus bauen mit großer Freitreppe, eleganten Gesellschaftszimmern und einer umfangreichen Bibliothek. Die holländischen Genrebilder und viele der Möbel wurden nachgekauft, denn Goethe hat nach dem Tod des Vaters den Haushalt in Frankfurt aufgelöst und verkauft. Aus den Haushaltsbüchern und den akribischen Aufstellungen des Nachlasses konnte man relativ gut rekonstruieren, wie das Haus früher ausgesehen hat.

Wir erfuhren, dass der junge Goethe keinesfalls den „Werther“ im Karzer geschrieben hat, wie der aktuelle Film es darstellt, sondern innerhalb von 13 Wochen stehend an einem Schreibpult in seinem Elternhaus.

Dass Jungen es vor 250 Jahren deutlich leichter hatten als Mädchen, wurde uns an der Biographie seiner begabten Schwester Cornelia erläutert, die gegen ihren Wunsch verheiratet wurde und sehr früh im Kindbett starb. Undenkbar wären die Liebesszenen gewesen, die in dem aktuellen Film gezeigt werden, denn ein Mädchen musste als Jungfrau in die Ehe gehen - und von Goethe weiß man, dass er erst im Alter von mehr als dreißig Jahren auf seiner Reise nach Italien die körperliche Liebe entdeckte.

Hier stehen wir auf der Treppe, deren erste vier Stufen nach der Zerstörung des Hauses im 2. Weltkrieg noch erhalten sind, auf denen also nicht nur Goethe und seine Familie, sondern auch viele hochgestellte Persönlichkeiten in der damaligen Zeit gegangen sind.

Nach dem Besuch des Goethehauses zeigte uns Frau Frank einige wichtige Denkmäler ihrer Heimatstadt und erklärte uns deren Geschichte, etwa die Paulskirche und ihre Bedeutung für die Republik, das Rathaus mit Seufzerbrücke und Kaisersaal und den Römer. Danach gab es noch ausreichend Zeit für einen Stadtbummel. Zum Glück hielt sich das Wetter bis zu unserer Rückfahrt, sodass alle trockenen Hauptes nach Hause kamen.                                                                                                                       (mein)