STUDIENFAHRT DER KÜNFTIGEN ABITURIENTEN 2007 nach Neapel


 Ziel der Abschluss-Exkursion des 13. Jahrgangs Mitte August war Süditalien, genauer gesagt die Bucht von Neapel. Bereits die Römer und auch der gute Goethe waren ebenso wie die High-Society des alten Europa um 1900 von der einzigartigen Anmut dieser süditalienischen Landschaft sehr angetan. In Gedichten, Liedern und Filmen wurde auch in der Folgezeit am Mythos von Sorrent und Capri eifrig gebastelt. Und in der Tat – Kampanien hat viel Romantisches zu bieten – vor allem den Millionen von Touristen, die alljährlich seit Jahrzehnten über seine Küsten-Schönheiten hereinfallen.

 

 

 

Dabei ist Neapel auf den ersten (!) Blick eigentlich keine schöne, sondern eine hässliche, verbaute und hektische Stadt und auch die engen Küstenstraßen auf der Halbinsel Sorrent machen einer Eiserfelder Schülergruppe, die mit einem 14 Meter langen Bus dort unterwegs ist, das Fahren auch auf kurzen Strecken vielleicht nicht zur Qual, aber auch nicht gerade zu einem Vergnügen. Ganz zu schweigen, von der 20-stündigen Anfahrt.

 

 

 

Weshalb also dann Neapel? Nun, bereits zum dritten Mal sind Abiturjahrgänge der GEE dorthin gefahren. Wegen des schönen Wetters? Wegen des warmen Meerwassers, in dem nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer gerne schwimmen? Wegen der herrlichen Landschaft? Wegen der lauen Sommernächte, die sich auf Balkonen und der gemütlichen Piazzetta nebenan gut für Kursaktivitäten eignen? Oder etwa wegen des grandiosen Vesuvs?

Letzterer war und ist der einst 1400 Meter hohe Bösewicht, der 79 n. Chr. mit seinen Asche- und Lavamassen die Hafenstadt Pompeij buchstäblich in einem historischen Augenblick (er dauerte etwa 14 Stunden) 25 Meter hoch zudeckte. Als man sie um 1800 wieder entdeckte und ausgrub, kam nicht nur eine weitgehend erhaltende römisch-antike Stadt zum Vorschein. Nein, man kann auch heute noch das Sterben ihrer Bewohner anhand der ausgegossenen Ascheabdrücke nachvollziehen, sich die hocherotischen Darstellungen in ihren Bordellen anschauen, über antike Zebrastreifen (!) wandeln und sich in den Werkstätten und Theatern aufhalten. Kein Geschichtsunterricht der Welt vermag antikes Leben so lebendig werden zu lassen.

 

 

 

 

Und der Bösewicht selber? Er ist heute etwas kleiner als vor seinem Ausbruch, stellt sich schlafend und bietet auch vielleicht eher Strand-&-Disco-orientierten Eiserfelder-Innen nach qualvollem Höhenaufstieg von 200 (!) m (ab Parkplatz!) einen grandiosen Ausblick auf Capri und Neapel. Aber Vorsicht! Er schläft nur, ist in seinem Krater recht heiß und lässt auch Nicht-Chemiker-Innen einen deutlichen Geruch nach Schwefel wahrnehmen.

  

Da lebt es sich schon als Tourist auf Capri weit weniger gefährlich! Hat man erst einmal die halbstündige Drei-Meilen-Kreuzfahrt ab Sorrent heil überstanden, bietet das gebirgige Capri keine vulkanischen Überraschungen. Es ist erloschen. Nicht erloschen ist hingegen die Badefreude der Italiener, die ebenfalls zu dieser Zeit in Millionenstärke an ihren Küsten urlauben. Etliche Prozente davon hat die Mehrheit unserer Stufe 13 am kleinen öffentlichen Strandbad von Capri beobachten können. Die Minderheit wurde indessen bei der Besichtigung der Städte Capri und Anacapri ertappt, etwa in der traumhaften und noch mehr träumerischen Villa des reichen Axel Munthe, der in den Dreißiger Jahren sein als bekannter Mode-Frauenarzt verdientes Vermögen in ein einzigartiges Wohnhaus investierte – heute als Museum für cinque E-u-ros zu besichtigen.

Die Jahrgangsstufe 13 wäre wahrscheinlich samt ihren Lehrerinnen (DAUT, FEYA, SCHY) und Lehrern (HOFF, JÜNG) dauerhaft am Golf von Neapel geblieben und hätte in jeder Hinsicht aufs Abitur und die GEE verzichtet, wenn -  ja, wenn das Hotel Termini nicht im sorrentinischen Hinterland in der Ortschaft Termini gelegen hätte. Termini heißt wohl Endstation, und so ist auch dieser Ort, idyllisch im Bergland mit Blick auf Capri gelegen, zu verstehen. Der Weg zum Strand und den anderen Sehenswürdigkeiten, wie etwa Discos, Einkaufsmeilen usw. war recht lang, eigentlich zu lang für eine Abschlussfahrt. Aber, wie gesagt, das alles gleicht sich durch die lauen Nächte auf der Piazzetta wieder aus. Nur eben der Schlaf nicht, aber der kann ja nachgeholt werden.

Und Neapel? Ach ja, sehen und sterben, so heißt es. Man sieht viel, wenn man es will und etwas in den Gassen der Altstadt herumschlendert. Sie zieht sich um die Bucht herum und auf die umgebenden Hügel hinauf. So mancher Eiserfelder bleibt wohl in den Pizzerien direkt am Hafen kleben, doch zum Glück nicht alle. Da kann man schon viel süditalienisches Flair mit all seinen sozialen Problemen wahrnehmen. Nur die Mafia, pardon: die Camorra, die sieht man nicht. Die nimmt man in Neapel trotz aller öffentlichen Präsenz als Fremder auch höchstens in der Nacht wahr, aber da befinden sich Eiserfelder gewöhnlich auf der Piazzetta in Termini, weit weg von der Realität Neapels.

Die Eiserfelder sind zurück und erleben nun ihre Realität des Aufstiegs zum zentralen Abi-Berg, Neapel bleibt verklärt in guter Erinnerung, je länger, je mehr.

 

Werner Jüngst